wirtschaft und gewerbe
Wirtschafts- und Finanzkraft erhalten
Borgholzhausen ist seit Jahrzehnten ein attraktiver Wohn- und Wirtschaftsstandort im Großraum Bielefeld/Osnabrück. Wir haben einen guten Gewerbemix mit mehreren inhabergeführten mittelständischen Unternehmen und zahlreichen kleineren Gewerbe- und Handwerksbetrieben. Dieses sichert ein umfassendes Angebot ortsnaher Arbeitsplätze und die zur kommunalen Finanzierung bedeutsamen Gewerbesteuereinnahmen.
Durch die mit dem Lückenschluss der A33 seit Ende 2019 verbesserten Verkehrsanbindung hat unsere Stadt weiter an Attraktivität gewonnen. Dieses führt auch zu einer hohen Nachfrage an Wohn- und Gewerbeflächen von Bewohnern und Unternehmen aus der Region. Allerdings sind daraus resultierende Flächenverbräche sehr sorgfältig abzuwägen, u. a. mit Aspekten des Natur- und Landschaftsschutzes.
Einzelhandel in Kernstadt stärken
Für eine Stadt unserer Größe ist ein zentral gelegenes und gut erreichbares Einzelhandelsangebot insbesondere für die Güter des täglichen Bedarfs wichtig. Die Grundlage für die Aktivitäten von Verwaltung und Gesprächen mit Betreibern und Investoren stellt das 2012 erarbeitete und vom Rat beschlossene Einzelhandelskonzept dar.
Nach der Schließung von des Markant-Marktes Salzwedel konnte durch Ansiedlung des Netto an dem vom o.g. Konzept vorgeschlagenen zentralen Standort der Bestand an drei Nahversorgern gesichert werden. Für weitere Radsortimente und Spezialgeschäfte ist leider die Kaufkraft im Umfeld nicht stark genug, Gespräche mit Rossmann scheiterten und ewy Sports hat eine Verlagerung nach Harsewinkel vorgenommen.
Zur Sicherung des verbliebenen gastronomischen Angebotes in der Geschäftsstraße sind Ladencafé Schulze, Eisdiele Ferreira und Bistro Liban nach Kräften zu unterstützen – wie es auf Initiative der Stadtverwaltung beispielsweise durch die Sommersperrung der Straße „Klingenhagen“ erfolgt ist.
Um die vorhandene Kaufkraft im Ort zu binden und Leerstände zu vermeiden, ist zudem eine enge Zusammenarbeit und der nötige Gemeinsinn von Einzelhändlern, Vermietern und Grundstückseigentümern notwendig.
Standort zukunftsorientiert vermarkten
Die lokale Wirtschaftsförderung ist eine zentrale Aufgabe des Bürgermeisters, der ich mich in den verschiedenen Facetten persönlich intensiv widme. In den vergangenen Jahren ist es gelungen, allen größeren örtlichen Unternehmen an ihren Standorten Expansionsmöglichkeiten zu eröffnen. Das dient angesichts immer maschinellerer Betriebsabläufe und höherer Lagerintensität der Standortsicherung unserer erfolgreichen hiesigen Mittelständler. Bisher noch nicht gelungen ist eine verstärkte Ansiedlung von Dienstleistungsbetrieben, was zur Abrundung des Gewerbemix wünschenswert wäre.
Entsprechend den Nachfragen und Bedarfen aus der Region ist es sinnvoll, bedarfsgerechte Industrie- und Gewerbeflächen in geeigneter Lage vorzuhalten und zu entwickeln. Angesichts der Aufstellung des Regionalplans OWL 2035/40 hat sich der Stadtrat in den letzten Jahren intensiv mit mittelfristigen Optionen für die Zukunft befasst.
Aufgrund erfolgter Vermarktung der letzten verfügbaren kleineren Gewerbeflächen standen aber auch konkrete kurzfristige Schritte für unsere Kommune im Mittelpunkt vieler Beratungen. Landschafts- und Naturschutz sowie Anwohnerinteressen wird dabei in einer verantwortungsvollen Abwägung durch Rücknahme besonders schützenswerter Flächen, umfassende Eingrünungen und enge Lärmvorgaben Rechnung getragen
Regionale Erzeuger fördern
Die Landwirtschaft unterliegt nach wie vor einem massiven Strukturwandel. Derzeit gibt es in Borgholzhausen nur noch rund 20 Vollerwerbsbetriebe, mit weiter sinkenden Tendenz. Die Existenz der heimischen Landwirtschaft muss insbesondere durch veränderte Rahmenbedingungen auf Ebene von EU und Bund gesichert werden. Als besonders erstrebenswert sehe ich dabei eine maßvolle Extensivierung der heute notgedrungen häufig sehr intensiven und zum Teil industriellen Produktion. So kann Pflanzen und Tieren wieder mehr Raum gegeben werden – auch zum Wohle unserer Kulturlandschaft.
Einige nachhaltig biologisch wirtschaftende Landwirte vor Ort haben eine Marktnische gefunden, die laufend größer wird. Häufig ist die Regionalvermarktung ein wesentlicher Bestandteil des Konzeptes, diese gilt es daher besonders zu fördern und forcieren. Da zugleich immer mehr Haushalte gerne eine professionelle Haustürbelieferung von Lebensmitteln und regionalen Produkten in Anspruch nehmen, habe ich mich bei dem Landwirtschaftlichen Ortsverband und dem Verkehrsverein für den Aufbau entsprechender Strukturen vor Ort ausgesprochen. Auch die handwerklich und regional mit hoher Qualität arbeitenden örtlichen Fleischer und Bäcker können davon profitieren.
Letztlich sind wir übereingekommen, dass der genossenschaftliche Ansatz von Wochenmarkt24 eG aus Bielefeld unsere gemeinsamen Bedürfnisse und Interessen gut abdecken kann. Ich rechne damit, dass dies noch im Jahr 2020 zu einer Erweiterung des Aktionsbereiches der Wochenmarkt24 eG unter Einbeziehung einiger lokaler Erzeuger führt.
Regionalplan OWL mitgestalten
Vor einigen Jahren wurde für NRW seitens der damaligen rot-grünen Landesregierung ein neuer Landesentwicklungsplan erarbeitet und verabschiedet. Der war in seinen Vorgaben zu Verringerung des Flächenverbrauchs und Fokussierung der Siedlungsentwicklung erfreulich restriktiv, genau diese Vorschriften hat die neue schwarz-gelbe Landesregierung aber umgehend deutlich gelockert.
An diesen gesetzlichen Maßgaben und Rechen-Algorithmen zur Bedarfsplanung muss sich der derzeit erarbeitete Regionalplan OWL 2035/40 als Rahmen für die Siedlungs- und Gewerbeentwicklung der kommenden beiden Jahrzehnte nun orientieren. Demnach sind alleine rund 600 ha zusätzliche Gewerbeflächen für die kommenden 20 Jahre im Kreis Gütersloh vorzusehen und zu verorten. Diese unfassbare Größenordnung ist für mich eindeutig nicht erstrebenswert und abzulehnen. Ich gehe zudem davon aus, dass die Dynamik bei Digitalisierung und Klimaschutz sowie die Corona-Pandemie in den kommenden Jahren zu erheblichen wirtschaftlichen Umbrüchen und Neuorientierungen in den Betrieben führt, die Auswirkungen auf neue Flächenbedarfe haben werden.
Allerdings gibt es in unserer Region derzeit bereits unzweifelhaft eine sehr hohe Flächennachfrage der Unternehmen, zugleich stehen aber kaum Konversionsflächen (Industriebrachen) zur Nutzung zur Verfügung. Daher drängen die Wirtschaftsverbände auf die gezielte Ausweisung neuer Industriegebiete, möglichst verkehrsgünstig direkt an A2 und A33 gelegen. Das Umfeld unserer A33-Anschlußstelle mit dem bereits interkommunalen Ansatz des IBV steht hierbei besonders im Fokus. Aufgrund der relativ gut lösbaren ökologischen Aspekten und zugleich eingeschränkten Möglichkeiten der Nachbarkommunen werden wir uns dem kaum entziehen können, vielmehr gilt es hier jetzt steuernd in unserem Sinne Einfluss zu nehmen.
Weiteres ortsnahes Gewerbe ansiedeln
Die Stadt hat derzeit keine verfügbaren Gewerbeflächen mehr für die Ansiedlung kleinerer lokaler Betriebe. Am Nienkamp sind alle Flächen vermarktet und bieten Schröter, Weinkontor Freund und Capar gewisse Erweiterungsoptionen. An der Industriestraße streben das Unternehmen fetra, Stadtrat und Verwaltung einen Flächentausch mit Verlegung und umfassender Renaturierung des Pustmühlenbaches an, um dem Betrieb dringend nötige Erweiterungsflächen zu ermöglichen. Auch die im Bebauungsplan Enkefeld östlich des Kreisverkehrs geschaffenen Kleingewerbeflächen sind inzwischen komplett vermarktet, vornehmlich an kleine aus Borgholzhausen stammende Unternehmer. Und auch Erweiterungsoptionen für Schüco sind trotz sehr weitgehender Überlegungen und Vorbereitungen schon vor 20 Jahren erschöpft, hierzu muss erst konkretes Baurecht geschaffen werden.
In Gesprächen mit Schüco als wesentlichem Grundeigentümer der Flächen südöstlich deren Betriebes stellte sich heraus, dass das seit 50 Jahren hier ansässige für uns sehr wichtige Unternehmen Bedarf zu baulichen Erweiterungen sah und sieht. Allerdings bei weitem nicht mehr im Umfang, wie im alten seit knapp 20 Jahren rechtskräftigen Flächennutzungsplan mit äußerer Ringstraße festgeschriebenen. Zeitgleich ist das Unternehmen Bartling an die Stadt herangetreten mit dem Wunsch, südlich deren Betriebes gewisse Erweiterungsflächen zu schaffen – inklusive zusätzlicher Süderschließung, um mittelfristig die Verkehrsbelastung der Innenstadt durch den betriebsbedingt teilweise erheblichen LKW-Verkehr zu verringern.
Daraus entstand meine Grundidee, mit einer zentral gelegenen Fortführung der Straße „Am Stadtgraben“ beidseitig kleinere Gewerbeflächen zu erschließen. Diese sollen ohne Vermarktungsdruck als Reserve für kleinere Ansiedlungswünsche dienen, im Umfang aber deutlich hinter den früheren Planungen zurückbleiben. Die fortgeführte Straße soll vorerst südlich des Kleinen Moor über bereits lange im Eigentum der Stadt befindliche Flächen am bisherigen Hamlingdorfer Weg enden, dabei aber auch künftige Optionen für eine Süderweiterung Bartlings, für ein Wohnbaugebiet Hamlingdorf und für eine Anbindung des Wohngebietes Großes Moor für PKWs offenhalten.
Unser Stadtplaner empfahl zudem für den heute städtebaulich völlig unstrukturierten südlichen Siedlungsraum der Stadt eine gewisse Abrundung mit Sicherung des neuen Schützenfestplatzes und eingegrüntem Übergang in die Landschaft. Zur Attraktivitätssteigerung des Hermannsweges wurde dessen Verlegung als schmaler Wanderpfad in diesen neuen Grüngürtel mit Blick in die reizvolle Kulturlandschaft angeraten. Neben dem Festplatz könnte ich mir auch eine gemähte und eingezäunte Fläche für unsere Hundefreunde vorstellen.
Für diesen Bereich wurde auf dieser Basis dann mit breiter Mehrheit ein Bauleitplanverfahren mit umfassender Bürgerbeteiligung eingeleitet. In dessen Verlauf wurden durch die Anregungen verschiedener Anlieger in ausführlichen Beratungen des Stadtrates die Gebietsausdehnung nach Süden nochmals verringert, teils sehr restriktive Licht- und Höhenvorgaben gemacht, und auf Parkplätze entlang der künftig von einer beidseitigen Baumallee begleiteten Tempo30-Straße verzichtet. Nach Abschluss der sog. Offenlage wird der finale Satzungsbeschluss durch den neuen Stadtrat voraussichtlich im Winter 2020/21 getroffen. Als erster Schritt soll dann 2021 ein erster Teilabschnitt durch die Fortführung der Straße bis kurz jenseits des Barenbergweg erschlossen werden.
Erfolgreiche Entwicklung des IBV fortsetzen
Mit dem beengt in der Versmolder Innenstadt gelegene Unternehmen Kraftverkehr Nagel als Triebfeder gründeten die Kommunen Borgholzhausen und Versmold vor 20 Jahren das erste interkommunale Gewerbegebiet in ganz OWL, den Zweckverband „IBV“. Angesichts fairer Konditionen und verfügbarer Tauschoptionen wurden die nötigen Flächen zügig erworben und KV Nagel errichtete seine bis heute mit Abstand größte Niederlassung in Deutschland. Inzwischen ergänzen deren Betriebs-Kita „Brummihof“, eine Lärmschutzwand und eine weitere Kommissionierhalle mit kompletter PV-Eigennutzung des Daches den Standort, derzeit arbeiten dort rund 1.200 Beschäftigte. Der Fahrzeugbetrieb Rolf Nagel mit Erweiterungsfläche für ein aktuell geplantes Autohaus und eine Tankstelle runden den ca. 25 ha großen 1. Bauabschnitt ab.
Beim gleichgroßen 2. Bauabschnitt gegenüber war der Grunderwerb nicht komplett möglich, so dass die Flächen 2011 über ein Umlegungsverfahren neu arrondiert wurden. Seit 2015 haben sich auch dort zahlreiche mittelständische Betriebe angesiedelt, häufig mit ihren Hauptverwaltungen: Teutopharma / Pandalis, der Gemüseverarbeiter Düpmann mit regionalen Lieferanten, der Logistikdienstleister B+S, der Zimmerei- und Hausbaubetrieb Dübber (auf dessen altem Betriebsgelände inmitten eines Wohngebietes gerade die 5. Piumer Kita entstanden ist), und der Kachelofendistributor HAGOS. Für sie alle gilt, dass sie an ihren bisherigen Standorten in unserer Region nicht mehr erweitern konnten und mit ihren Arbeitsplätzen und Gewerbesteuerzahlungen sonst in andere Kommunen oder gar Regionen abgewandert wären.
Zwei weitere große Gebäudekomplexe entstehen im IBV in 2020 (B+S Logistik) und 2021 (Westfalia Systemtechnik). Deren Dächer werden entsprechend meines nachdrücklichen Werbens als Verbandsvorsteher des IBV umfassend mit PV-Modulen belegt. Das neue Hallendach von B+S wird damit noch vor dem Windrad auf dem Hollandskopf der größte Energielieferant in ganz Borgholzhausen werden und jährlich so viel Strom liefern wie eine Biogasanlage aus über 100 ha intensivem Maisanbau.
Aufgrund weiteren regionalplanerisch gewünschten mittelfristigen Erweiterung des IBV wurden vom Zweckverband konkrete Überlegungen und Untersuchungen durchgeführt. Diese lassen ein Gebiet südöstlich des Autobahnknotens auf weitestgehend Versmolder Stadtgebiet als besonders geeignet erscheinen, wo mit umfassenden Eingrünungen und Abstandsflächen rund 21 ha Gewerbe- und Industrieflächen entstehen können. Im Gegenzug werden rund 9 ha nicht genutztes Verbandsgebiet auf Borgholzhausener Seite zurückgenommen. Diese Entscheidungen habe ich als Bürgermeister und Verbandsvorsteher sehr aktiv begleitet. Im Zuge einer künftigen konkreten Bauleitplanung erfolgt dann selbstverständlich eine umfassende Bürgerbeteiligung der Anlieger und bestmögliche Berücksichtigung auch deren nachbarschaftlicher Interessen.